Der Leitfaden zur Krankheit Endometriose

✓ Medizinisch geprüft - Lesezeit: 5 Minuten

Autorin Dr. Leonie Dolder, Medizinjournalistin
Aktualisiert: 24.02.2023

Eine blonde Frau bekommt eine Ultraschalluntersuchung am Bauch.

Die Gebärmutterschleimhaut, auch Endometrium genannt, baut sich jeden Monat neu auf, um eine Schwangerschaft zu ermöglichen. Kommt es nicht zu einer Schwangerschaft, stößt die Gebärmutter ihre Schleimhaut ab und es kommt zur Menstruation.

Es kann vorkommen, dass sich die Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutter befindet, wo sie nicht hingehört. Dies wird als Endometriose bezeichnet. Außerhalb der Gebärmutter führen diese Schleimhautzellen zu Schmerzen und Vernarbungen, oft zyklusabhängig, da auch diese Gebärmutterschleimhaut sich jeden Monat neu aufbaut und anschließend abgestoßen wird.

Was ist Endometriose?

Das Endometrium ist die Gebärmutterschleimhaut. Diese baut sich jeden Monat neu auf, um dem befruchteten Ei einen Platz zum Einnisten zu schaffen. Manchmal jedoch siedeln sich diese Schleimhautzellen der Gebärmutter auch außerhalb der Gebärmutter an. Dies kann im Beckenbereich, im Bauchraum aber auch an verschiedenen anderen Stellen im Körper vorkommen. Auch der Darm oder sogar die Lunge können betroffen sein. Diese Gebärmutterschleimhaut, die sich am “falschen Ort” befindet, wächst und blutet - genau so wie die “normale” Gebärmutterschleimhaut - innerhalb des Monatszyklus’, getrieben von den Hormonen.

Die Gebärmutterschleimhaut, die sich außerhalb der Gebärmutter befindet, verursacht dann eine lokale Entzündungsreaktion, da diese dort nicht hingehört. Dadurch leiden Betroffene an Schmerzen, die durch die Entzündung ausgelöst werden. Insbesondere während der Menstruation haben betroffene Frauen starke Schmerzen. Zudem haben viele Betroffene Schwierigkeiten, schwanger zu werden. Manchmal tut ihnen auch fortlaufend der Bauch weh oder sie haben Schmerzen beim Geschlechtsverkehr oder beim Stuhlgang. Oft liegt ein langer Leidensweg von vielen Jahren vor, bevor es zur Diagnose Endometriose kommt.

Infografik Endometriose: Diagnose, Symptome, Behandlung

Was sind die Ursachen von Endometriose?

Warum sich bei manchen Frauen die Schleimhaut aus der Gebärmutter innerhalb des Becken oder des Bauchraumes angesiedelt hat, ist noch im Detail ungeklärt. Dementsprechend lässt sich das Entstehen einer Endometriose auch nicht verhindern. In manchen Familien tritt es häufiger auf. Wenn die Mutter unter Endometriose leidet, so hat die Tochter ein sechsmal höheres Risiko, ebenfalls an einer Endometriose zu leiden. Umwelteinflüsse sowie Ernährunsgfaktoren scheinen eine Rolle zu spielen. Ferner vermuten Forscher die Ursache in einer „retrograden Menstruation“: Statt einem kompletten Abfliessen des Menstruationsblutes über den Gebärmutterhals in die Vagina, gelangt ein Teil des Menstruationsblutes zusammen mit abgeschilferten Gebärmutterschleimhautzellen über die Eileiter in den Bauchraum. Oder aber die Gebärmutterschleimhautzellen gelangen durch winzige Öffnungen/Mikroverletzungen in den Muskelschichten der Gebärmutterwand in den Bauchraum.

In seltenen Fällen kann die Endometriose auch andere Organe befallen - hier scheint die Endometriose direkt an den betroffenen Organen zu entstehen, indem sich sogenannte Ursprungszellen irrtümlicherweise in Endometriosezellen weiterentwickeln. Nach Abschluss der Wechseljahre wachsen keine neuen Gebärmutterschleimhautzellen mehr nach, da der weibliche Zyklus und die Menstruation verstummt.

Wie häufig tritt Endometriose auf?

Experten schätzen, dass zwischen 8 und 15 Prozent aller Frauen zwischen Pubertät und Wechseljahren an einer Endometriose leiden - das sind jährlich bis zu 40 000 Neuerkrankungen in Deutschland. Damit ist Endometriose die zweithäufigste gynäkologische Erkrankung.

Welche Symptome löst Endometriose aus?

Sehr häufig erzählen Frauen von heftigen Schmerzen während der Menstruation. Es kann zu folgenden Symptomen kommen:

  • Schmerzen beim Geschlechtsverkehr
  • Schmerzen beim Stuhlgang
  • Bauchschmerzen unabhängig vom Zeitpunkt der Regelblutung
  • Schmerzen im Rücken
  • gestörter Zyklus (Zwischenblutungen, längere oder stärkere Blutungen)
  • Blut im Urin oder im Stuhlgang

Wo die Schmerzen auftreten, hängt davon ab, an welchem Ort sich die Schleimhautzellen angesiedelt haben. In den meisten Fällen sind diese im Beckenraum verteilt und führen zu starken Schmerzen während der Periode. Finden sich Endometrioseherde im Bereich der Vagina, so können diese beim Geschlechtsverkehr durch Berührung zum Schmerz führen.

Ist der Darm betroffen, berichten die betroffenen Frauen über starke Schmerzen beim Stuhlgang. Typisch für die Endometriose ist, dass die genannten Beschwerden in Abhängigkeit vom Zyklus auftreten. Dies muss aber nicht zwingend sein - bei langjähriger Endometriose kann diese Zyklusabhängigkeit auch fehlen.

Hat Endometriose Einfluss auf die Fruchtbarkeit?

Ja, die Wucherung der Gebärmutterschleimhaut kann direkt die Eileiter vernarben oder Eierstockgewebe zerstören. Dadurch ist der Transport des Eis zur Gebärmutter sowie dessen Befruchtung im Eileiter erschwert oder verhindert. Viel häufiger ist aber, dass die Endometriose indirekt den Prozess der Befruchtung und Einnistung in der Gebärmutterhöhle stört. Deshalb haben viele Frauen mit Endometriose Schwierigkeiten, schwanger zu werden.

Wird die Endometriose jedoch erkannt, kann entweder durch eine Operation oder durch eine direkte Behandlung trotzdem eine Schwangerschaft stattfinden. Es kann jedoch auch sein, dass anschließend eine In-Vitro-Fertilisation nötig wird, also eine Befruchtung der Eizelle außerhalb des Körpers. Die befruchtete Eizelle wird dann direkt in die Gebärmutter eingesetzt.

Verändern sich die Symptome in der Menopause?

In der Menopause werden die Hormone im weiblichen Körper zurückgefahren: Der weibliche Körper beginnt, weniger Östrogen zu produzieren. Östrogen ist unter anderem für die Endometriose verantwortlich. Aus diesem Grund berichten viele Endometriose-Patientinnen über eine Besserung ihrer Symptome in und nach der Menopause.

Wie wird Endometriose diagnostiziert?

Um die Diagnose stellen zu können, ist zuerst ein ausführliches Gespräch mit der Patientin nötig. Anschließend folgt eine gynäkologische Untersuchung (Tast- und Sichtuntersuchung mit einem Scheidenspiegel). Hierbei überprüft der Arzt, ob das Bewegen der Gebärmutter und Druck auf einzelne Bereiche schmerzhaft sind. Mit einem Ultraschall, welcher vaginal gemacht wird, lassen sich Endometriosezysten an den Eierstöcken oder Endometrioseherde am Darm oder in der Blase feststellen. Mittels Ultraschall durch die Bauchdecke können größere Endometrioseherde festgestellt werden - kleine Herde oder Verwachsungen können jedoch mit dem Ultraschall nicht gesehen werden.

Die zuverlässigste Diagnosemethode der Erkrankung ist die Bauchspiegelung, auch Laparoskopie genannt. Dies ist eine Operation, bei der ein dünnes Instrument mit einer kleinen Kamera durch einen Schnitt im Bereich des Nabels in den Bauchraum eingeführt wird. So können auch kleinere Endometrioseherde und Verwachsungen entdeckt werden. Bei diesem Verfahren können gleichzeitig Herde entfernt werden und Gewebeproben entnommen werden, um die Verdachtsdiagnose zu bestätigen. Ferner kommen Blasen- oder Darmspiegelung sowie Computertomografien oder Magnetresonanztomografien zum Einsatz.

Man teilt die Endometriose in 4 Stadien ein:

  • Stadium I: minimale Endometriose
  • Stadium II: leichte Endometriose
  • Stadium III: mittelschwere Endometriose
  • Stadium IV: schwere Endometriose

Wie wird Endometriose behandelt?

Da die Endometriose eine Krankheit ist, die auf Hormone empfindlich reagiert, kann eine Behandlung mit Hormonen (Gestagene) möglich und sinnvoll sein. Diese Hormontherapie führt zu einer “Austrocknung“ und Rückbildung der Endometrioseherde. Manchmal kann die Situation auch mit einer kombinierten Antibabypille (Pille mit Östrogen und Gestagen) verbessert werden.

Diese sollte dann möglichst ohne Pause, also im Langzeitzyklus, eingenommen werden. Unter hormoneller Therapie kommt es meist zu einem Ausbleiben oder Abschwächung der Menstruationsblutungen. Dies ist erwünscht, da damit die weitere Ausbreitung der Endometrioseherde verhindert werden kann. Wichtig ist, dass eine Pille gewählt wird, bei der der Östrogenanteil möglichst niedrig ist, da Östrogen das Wachstum der Endometriose fördert. Es sollte möglichst ein reines Gestagenpräparat sein.

Nicht alle Endometrioseformen sprechen gleich gut auf eine hormonelle Therapie an. Außerdem gibt es auch Patientinnen, die unter einer hormonellen Behandlung an unerwünschten Wirkungen leiden. Die zur Endometriose-Therapie eingesetzten Hormone verhindern, dass ein Eisprung stattfindet: Für Frauen mit aktuellem Kinderwunsch sind sie deshalb nicht geeignet.

Kann eine Operation bei Endometriose helfen?

Manchmal ist eine Operation notwendig. Operiert wird, wie bereits erwähnt, in der Regel mittels Laparoskopie (=Bauchspiegelung) in Vollnarkose. Bei der Operation wird das durch Endometriose veränderte Gewebe entfernt und es werden Verwachsungen gelöst. Die vollständige Entfernung der Endometrioseherde ist wichtig. Das Gewebe wird anschließend untersucht.

Gibt es alternative Heilansätze für Endometriose?

Bei Endometriose besteht ein chronischer Entzündungszustand. Deshalb ist es wichtig, dass Schmerzmittel verwendet werden, die auch gegen die Entzündung wirken: Dazu eignen sich Ibuprofen, Diclofenac oder Naproxen. Bei einer längeren Einnahme entzündungshemmender Schmerzmittel ist ein Magenschutz empfohlen. Paracetamol ist nicht antientzündlich und deshalb weniger geeignet - manchmal ist zur Schmerztherapie jedoch die Kombination von Paracetamol mit antientzündlichen Präparaten sinnvoll.

Die wichtigsten Fakten zu Endometriose auf einen Blick

  • Endometriose ist eine gutartige Wucherung der Gebärmutterschleimhaut und eine der häufigsten gynäkologischen Erkrankungen bei Frauen.
  • Die Krankheit kann im ganzen Körper Schmerzen verursachen.
  • Unfruchtbarkeit kann eine Folge von Endometriose sein. Endometriose ist eine hormonempfindliche Krankheit.
  • Typische Symptome sind Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, Bauchschmerzen auch unabhängig vom Zeitpunkt der Regelblutung, Schmerzen im Rücken, Schmerzen beim Stuhlgang oder Geschlechtsverkehrt oder ein gestörter Zyklus.
  • Oft dauert es Jahre, bis die Krankheit diagnostiziert wird.
  • Die Symptome können sich in der Menopause verbessern.

Literatur:
https://www.endometriose-vereinigung.de/was-ist-endometriose.html
https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/sexualorgane/weibliche-sexualorgane/endometriose-diagnose.html

Allgemeiner Hinweis: In unseren Ratgebern verwenden wir für die bessere Lesbarkeit überwiegend das generische Maskulinum. Gemeint sind damit aber auch Angehörige des weiblichen Geschlechts und anderer Geschlechtsidentitäten.

Autorin Ärztin Dr. Leonie Dolder

Über unsere Autorin:

Dr. Leonie Dolder | Ärztin
Ich bin Ärztin und medizinische Autorin aus Leidenschaft. Es liegt mir am Herzen, den Menschen Gesundheitsthemen näher zu bringen und Medizin verständlich zu erklären, denn ein gut informierter und aufgeklärter Patient kann sich besser um sein größtes Gut - seine Gesundheit - kümmern.
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Lisa Stenschke, Apothekerin bei mycare.de
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