Der vollständige Leitfaden zur Zöliakie und ihre Auswirkungen auf Ihren Darm
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Von Marcus Schulze, Apotheker bei mycare.de
Aktualisiert: 01.11.2022
Beim Backen hat Gluten eine wichtige Bedeutung. Es lässt die typische Teigkonsistenz entstehen, wenn das zu Mehl gemahlene Getreide sich mit der Flüssigkeit verbindet. Deshalb wird Gluten auch als "Klebereiweiß" bezeichnet. Bei der Zöliakie entzündet sich die Darmschleimhaut, wenn das Gluten im Darm ankommt. Es wird eine Immunreaktion in der Darmschleimhaut ausgelöst, da das körpereigene Abwehrsystem Gluten als Feind ansieht. Die Symptome sind recht vielfältig und oft dauert es lange bis zu einer Diagnose.
Was ist Zöliakie?
Zöliakie, oder auch Glutenunverträglichkeit genannt, ist ein Sonderfall, da es keine Allergie ist und auch keine klassische Unverträglichkeit. Die Ursache kann entweder genetisch bedingt sein, wenn es in der Familie schon weitere Fälle mit Zöliakie gab, oder in einer Autoimmunreaktion gegen unverdaute Glutenbruchstücke begründet liegen. Bei einer Zöliakie entzündet sich durch das Gluten in der Nahrung die Dünndarmschleimhaut, wodurch verschiedene Beschwerden ausgelöst werden können. Außerdem kann sich die Dünndarmschleimhaut durch die Entzündungen verändern und eventuell weniger Nährstoffe aufnehmen – so kann auch ein Mangel an essenziellen Nährstoffen entstehen, der wiederum Beschwerden auslösen kann. Die Diagnose Zöliakie verändert daher häufig das ganze Leben, da die Ernährung umgestellt werden muss. Wann die Diagnose gestellt wird, ist sehr unterschiedlich. Bei manchen Menschen fällt sie schon als Baby auf, sobald Beikost eingeführt wird. Andere merken erst im Erwachsenenalter etwas von den Symptomen. Ein Bluttest kann Unverträglichkeit gegen das Klebereiweiß Gluten nachweisen. Hier wird untersucht, ob Autoimmunantikörper vorhanden sind. Die genetische Veranlagung spielt eine Rolle, jedoch muss bei einer familiären Vorbelastung nicht zwangsläufig eine Glutenunverträglichkeit vorliegen.
Was passiert bei der Zöliakie im Darm?
Der Dünndarm ist ein extrem langes Organ, in dem die Nahrung in ihre Bestandteile zerlegt und verwertet wird. Etwa 600 Schleimhautfalten drängen sich auf drei Meter Länge-. An diesen Falten sind Millionen von kleinsten Ausstülpungen – über diese Zotten werden die Nährstoffe ins Blut transportiert. Bei der Zöliakie verkümmern diese Zotten durch die Entzündungen, sodass weniger Nährstoffe ins Blut gelangen.
Welche Formen der Zöliakie gibt es?
Medizinisch wird zwischen fünf Formen der Glutenunverträglichkeit unterschieden:
Klassische Zöliakie: Diese zeigt sich besonders im Kleinkindalter, wenn glutenhaltige Produkte auf dem Speiseplan stehen. Die Symptome sind unter anderem übelriechende und fettglänzende Durchfälle, Verhaltensänderungen und Wachstumsstörungen. Wenn auf glutenfreie Kost umgestellt wird, verschwinden die Beschwerden meist wieder.
Symptomatische Zöliakie: Diese verläuft meist deutlich unauffälliger. Daher wird sie oft erst spät entdeckt. Hier stehen teilweise Symptome im Vordergrund, die auf den ersten Blick nichts mit dem Magen-Darm-Trakt zu tun haben. Früher wurde diese Form auch als atypische Zöliakie bezeichnet.
Subklinische Verlaufsform der Zöliakie: Patienten, die an dieser Form leiden, zeigen keine Krankheitszeichen. Im Blut werden allerdings die typischen Antikörper festgestellt. Oft fühlen sich diese Patienten besser, nachdem sie auf eine glutenfreie Ernährung umgestellt haben, obwohl sie vorher keine Symptome bemerkt hatten.
Refraktäre Zöliakie: Hier unterschieden sich zwei Typen. Bei Typ 1 liegt eine stark erhöhte Empfindlichkeit gegen Gluten vor, die mit verschiedenen Medikamenten gegen chronisch-entzündliche Darmerkrankungen behandelt werden kann. Typ 2 wiederum ist eine schwerwiegendere Form. Bei dieser halten die Symptome der Zöliakie strotz streng glutenfreier Ernährung über mindestens ein Jahr hinweg an oder treten immer wieder auf. In der Regel sind hier besonders über 50 Jahren betroffen. Diese Patienten sollten sich in einem spezialisierten Zentrum therapieren und untersuchen lassen, vor allem wegen des Krebsrisikos durch die Zöliakie.
Potentielle Zöliakie: Diese Form ist ein reiner Zufallsbefund, die Personen haben meistens keine oder kaum Beschwerden. Unter glutenhaltiger Ernährung entstehen zwar entsprechende Antikörper, aber in der Dünndarmschleimhaut werden keine für die Zöliakie typischen Veränderungen festgestellt. Diese Personen sollten überwacht und bei Bedarf ihre Ernährung glutenfrei umstellen.
Welche Symptome löst die Zöliakie aus?
Die Symptome sind relativ unspezifisch bei der Glutenunverträglichkeit. Kurzfristig nach dem Essen von glutenhaltigen Produkten können unter anderem
- Erschöpfung
- Bauchbeschwerden
- Durchfall oder
- Stimmungsschwankungen
auftreten. Durch die verringerte Nährstoffaufnahme können auch Symptome eines beispielsweise Eisenmangels entstehen. Außerdem kann die Glutenunverträglichkeit Symptome auslösen, die nicht direkt mit dem Darm in Verbindung gebracht werden. In diesem Fall kann es lange bis zu der richtigen Diagnose dauern. Mögliche Symptome sind:
- Wasseransammlungen
- Juckende Hautentzündungen mit Bläschen
- Blutarmut
- Osteoporose
- Muskelschwäche
- Gelenkschmerzen
- Nervenstörungen
Teilweise sind die Symptome so leicht oder unspezifisch, dass die Krankheit lange nicht erkannt wird. Wird die Zöliakie zu spät erkannt und behandelt, kann dies schwerwiegende Folgen haben. Bei Kindern kann dies zu Entwicklungsstörungen oder Wachstumsverzögerungen führen. Auch eine verzögerte Pubertät ist möglich. Erwachsene Frauen können aufgrund der Zöliakie an Unfruchtbarkeit leiden. Menschen, die Zöliakie haben, aber sich nicht glutenfrei ernähren, haben je nach Länge des unbehandelten Krankheitsverlaufs ein erhöhtes Risiko für verschiedene seltene und bösartige Dünndarmtumore.
Wie lässt sich Zöliakie behandeln?
Glutenunverträglichkeit ist eine chronische Erkrankung. Daher ist ein Verzicht auf glutenhaltige Lebensmittel ein Leben lang notwendig. Eine glutenfreie Ernährung ist daher Pflicht. Betroffene müssen vor allem bei Backwaren aufpassen. Produkte, die Roggen, Dinkel oder Weizen enthalten, sind tabu. Glutenfreie Produkte sind mittlerweile in vielen Supermärkten zu finden und meist entsprechend ausgezeichnet. Bereits nach wenigen Wochen glutenfreier Ernährung spüren Patienten eine deutliche Verbesserung.
Allgemeiner Hinweis: In unseren Ratgebern verwenden wir für die bessere Lesbarkeit überwiegend das generische Maskulinum. Gemeint sind damit aber auch Angehörige des weiblichen Geschlechts und anderer Geschlechtsidentitäten.
Über unseren Autor:
Marcus Schulze | Apotheker in der Kreisel-Apotheke
Ich bin seit 2016 Apotheker und seit Mitte 2017 bei mycare in der Kreisel-Apotheke tätig. Ich berate gerne umfassend zu allen Gesundheitsfragen. Durch ständiges Lernen nach dem Studium erweitere ich meine Beratungskompetenzen abseits der üblichen Medikamente, um so dem Kunden ein breites Wissen anbieten zu können. Mehr über M. Schulze
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