Schwindelgefühle verstehen: Ursachen und effektive Behandlungen

✓ Medizinisch geprüft - Lesezeit: 4 Minuten

Von Dr. Leonie Dolder, Medizinjournalistin
Aktualisiert: 18.11.2024

Frau mit Schwindelgefühl stützt sich an der Wand, hält eine Hand ans Gesicht, vermutlich Schwindel nach dem Aufstehen im Zuhause

Bei Schwindel handelt es sich um keine eigenständige Krankheit. Schwindel ist ein subjektives Gefühl der Unsicherheit oder Gleichgewichtsstörung, das verschiedene Formen annehmen kann. Die Ursachen sind vielfältig und können peripheren Störungen im Innenohr, zentralen Nervensystemerkrankungen, Kreislaufproblemen, Stress oder Dehydration umfassen.

Was versteht man unter Schwindelgefühl?

Schwindel ist keine Krankheit, sondern ein Symptom, das sich bei verschiedenen Krankheiten manifestieren kann. Schwindel beschreibt ein subjektives Empfinden von Unsicherheit oder Gleichgewichtsproblemen. Betroffene haben häufig das Gefühl, dass sich ihre Umgebung dreht oder sie selbst sich bewegen, obwohl sie stillstehen. Dieses unangenehme Empfinden kann den Alltag erheblich beeinträchtigen.

Infografik Schwindel: Arten, Ursachen, Vorbeugen

Wie funktioniert unser Gleichgewichtssinn?

Zur Orientierung benötigen wir das Gleichgewichtssystem, welches aus verschiedenen Teilen besteht. Die zentrale Verarbeitung befindet sich im Gehirn, bestehend aus Kleinhirn, Hirnstamm und dem vestibulärem Kortex, der Gehirnrinde. Diese Zentrale kann nur mit Informationen von außen arbeiten. Diese Informationen kommen von unseren Sinnesorganen: den Augen, dem Gleichgewichtsorgan im Innenohr, den Hautnerven an den Füssen und gewissen Nervenrezeptoren in den Muskeln. Das Zusammenspiel dieser Komponenten ermöglicht uns ein sicheres Befinden im Raum. Umgekehrt kann es zu Schwindel kommen, wenn eine oder mehrere Komponenten ungenügend funktionieren oder ausfallen.

Arten von Schwindel

Es gibt verschiedene Artenvon Schwindel. Für den behandelnden Arzt ist es wichtig, zwischen Dreh- und Schwankschwindel zu unterscheiden, um herauszufinden, wo die Problematik liegt.

Drehschwindel

Drehschwindel, auch als vertiginöser Schwindel bekannt, ist das Gefühl, dass sich entweder die Umgebung oder der eigene Körper dreht. Dies ist die häufigste Art von Schwindel und kann durch Störungen im Innenohr oder im zentralen Nervensystem verursacht werden. Beispiele für Ursachen sind die Benignen paroxysmaler Vertigo (BPPV) oder eine Menière-Krankheit.

Schwankschwindel

Schwankschwindel beschreibt das Gefühl, als ob man sich auf einer wackeligen Oberfläche oder in einem Lift oder auf einem Boot befindet, das auf und ab schwingt. Man nennt dies auch Gangunsicherheit. Schwankschwindel entsteht zum Beispiel durch eine Polyneuropathie (Nervenschädigung als Folge von Blutzuckerkrankheit oder Bluthochdruck).

Weitere Schwindelarten

Neben Dreh- und Schwankschwindel gibt es auch andere Arten von Schwindel, wie z.B. den psychosomatischen Schwindel, der durch emotionale oder psychische Belastungen verursacht werden kann. Auch der Schwindel, der in Zusammenhang mit Migräne steht, wird als Migräne-assoziierter Schwindel bezeichnet.

Welche Ursachen hat Schwindel?

Schwindel kann viele verschiedene Ursachen haben, die in zwei Hauptkategorien unterteilt werden können:

  • Periphere (äußere) Ursachen: Diese betreffen meist das Innenohr oder den Gleichgewichtsnerv. Zu den häufigsten gehören die Benigne paroxysmale Vertigo (BPPV), die Menière-Krankheit und Entzündungen des Innenohrs.
  • Zentrale (Innere) Ursachen: Diese betreffen das zentrale Nervensystem, insbesondere das Gehirn. Dazu gehören Migräne, Schlaganfälle oder andere neurologische Erkrankungen. Auch Kreislaufstörungen oder ein niedriger Blutdruck können Schwindel auslösen.

Kreislaufprobleme und niedriger Blutdruck

Kreislaufprobleme und niedriger Blutdruck können Schwindel verursachen, insbesondere beim Aufstehen oder bei plötzlichen Bewegungen. Wenn sich die Blutgefäße nicht schnell genug zusammenziehen, um den Blutdruck zu stabilisieren, kann das Gehirn vorübergehend nicht ausreichend mit Blut versorgt werden, was zu Schwindel führen kann. Dieser Zustand wird als orthostatische Hypotonie bezeichnet und Betroffene verspüren ihn meistens beim Aufstehen, sei es aus einer Liege- oder Sitzposition. Dehydration oder Flüssigkeitsmangel kann ebenfalls Schwindel verursachen. Wenn der Körper nicht ausreichend mit Flüssigkeit versorgt ist, sinkt das Blutvolumen, was zu einem verminderten Blutdruck und einer unzureichenden Blutzufuhr zum Gehirn führen kann. Dies kann Schwindel, insbesondere bei plötzlichem Aufstehen, zur Folge haben.

Unterzuckerung

Bei schweren Unterzuckerungen wird die Glukoseversorgung des Gehirns verringert, was zu Schwindel, Müdigkeit, Schwäche, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwäche und Verwirrung führen kann.

Stress und psychische Belastung

Angstzustände, Panikattacken oder emotionale Belastungen können die Wahrnehmung des Gleichgewichts beeinträchtigen und zu Schwindelgefühlen führen. Psychosomatische Schwindelgefühle entstehen oft durch eine erhöhte Anspannung oder innere Unruhe. Stress und psychische Belastungen können Schwindel auslösen oder verstärken.

Weitere Ursachen

Einige Medikamente können Schwindel als Nebenwirkung haben. Neben der Menière-Krankheit können auch andere Störungen des Innenohrs wie Labyrinthitis Schwindel verursachen. Erkrankungen wie Multiple Sklerose (MS), Parkinson oder ein Schlaganfall können ebenfalls Schwindel als Symptom haben. Migräne kann in einigen Fällen mit Schwindel einhergehen, auch ohne Kopfschmerzen.

Schwindel im Alter

Der multifaktorielle Schwankschwindel tritt meistens bei älteren Menschen auf bei ihm funktionieren mehrere Komponenten des Gleichgewichtssystems schlecht. Zudem verursachen Medikamente, die der Patient einnimmt, oftmals eine Verstärkung des Schwindels. Mit dem Alter können sich die Strukturen im Innenohr verändern, was zu Gleichgewichtsstörungen führt. Auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und eine verminderte Blutzirkulation können Schwindel verursachen. Nicht zu unterschätzen sind zudem Medikamenteneffekte. Ältere Menschen nehmen oft mehrere Medikamente ein, deren Nebenwirkungen Schwindel hervorrufen können. Altersbedingte Erkrankungen wie Diabetes oder Arthrose können ebenfalls zu Schwindel beitragen. Schwindel im Alter kann gefährlich sein, da ältere Personen bei einem Sturz sich eher einen Bruch oder eine schwerere Verletzung zufügen können als jüngere Personen. Gehhilfen wie Gehstöcke oder Rollatoren sind deshalb umso wichtiger und sollten im Alltag möglichst früh eingebunden werden.

Schwindel im Kindesalter

Schwindel bei Kindern ist weniger häufig als bei Erwachsenen, kann jedoch auftreten. Obwohl seltener, kann Benigner paroxysmaler Vertigo auch Kinder betreffen, meist durch eine Veränderung der Otolithen (Ohrsteinchen) im Innenohr. Auch Kinder können Migräne erleben, die mit Schwindel einhergehen kann, auch ohne starke Kopfschmerzen. Bei Mittelohr- oder Innenohr-Infektionen können Schwindel und Gleichgewichtsstörungen verursachen. Zudem kann ein schneller Positionswechsel, Dehydration oder plötzliche Veränderungen im Blutdruck bei Kindern Schwindel auslösen.

Schwindel in Verbindung mit Bewegung

Schwindel, der in Verbindung mit Bewegung auftritt, wird oft als kinetischer Schwindel bezeichnet. Dieser Schwindel tritt auf, wenn das Gehirn widersprüchliche Signale von Augen, Ohren und Körperempfindungen erhält, wie beim Reisen mit Auto, Boot oder Flugzeug. Auch intensive körperliche Aktivitäten oder plötzliche Bewegungen können Schwindel auslösen, insbesondere wenn der Kreislauf oder die Blutzufuhr zum Gehirn beeinträchtigt sind. Störungen im Gleichgewichtssystem können bei schnellen Bewegungen oder beim Sport Schwindel verursachen.

Behandlungsmöglichkeiten bei Schwindel

Die Art der Behandlung richtet sich nach der Ursache für den Schwindel. In den meisten Fällen verschwindet der Schwindel nach einiger Zeit von allein. Je nach Ursache des Schwindels unterstützen Medikamente oder eine Physio- oder Psychotherapie die Behandlung des Schwindels.

Allgemeine Tipps und Hausmittel

Es sollte immer ausreichend Flüssigkeit aufgenommen werden, um einen Dehydration, sprich einen Flüssigkeitsmangel zu vermeiden. Vermeiden Sie plötzliche Bewegungen, besonders beim Aufstehen oder Richtungswechseln. Bei Schwindelanfällen sollte man Ruhe suchen und eine liegende Position einnehmen. Ingwer kann helfen, Übelkeit und Schwindel zu lindern.

Medikamentöse Therapien und Mittel aus der Apotheke

  • Antihistaminika: Medikamente wie Dimenhydrinat können bei Bewegungskrankheit und bestimmten Schwindelarten helfen. Sie helfen auch bei Übelkeit beim Autofahren oder Schifffahren.
  • Vertiginöse Mittel: Medikamente, die speziell gegen Schwindel und Gleichgewichtsstörungen wirken, wie Betahistin

Lebensstiländerungen und Prävention

Gleichgewichtstraining und gezielte Übungen können helfen, das Gleichgewichtssystem zu stärken. Die Reduzierung des Konsums von Salz und Koffein kann bei manchen Schwindelarten hilfreich sein. Techniken zur Stressreduktion, wie Meditation oder Atemübungen, können helfen, stressbedingten Schwindel zu vermindern.

Alltag und Lebensqualität bei Schwindel

Schwindel kann die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen, da er die Fähigkeit zur alltäglichen Aktivität und Mobilität einschränken kann. Bei allen Formen von Schwindelgefühlen ist es wichtig, die genaue Ursache herauszufinden. Man sollte eine sichere Umgebung schaffen, z.B. rutschfeste Matten, Handläufe im Bad, um Stürze zu vermeiden. Zudem sollten Sie Unterstützung von Familie oder Freunden bei alltäglichen Aufgaben in Anspruch nehmen. Physiotherapie kann zur Verbesserung des Gleichgewichts oder psychologische Beratung zur Bewältigung von Stress und Ängsten führen.

Alle Fakten zu Schwindel kurz zusammengefasst

  • Schwindel ist ein subjektives Gefühl von Unsicherheit oder Gleichgewichtsstörungen, bei dem die Umgebung oder der eigene Körper zu drehen scheint.
  • Zu den häufigsten gehören Drehschwindel (Vertigo), Schwankschwindel und weitere Formen wie psychosomatischer Schwindel und Migräne-assoziierter Schwindel.
  • Schwindel kann durch verschiedene Faktoren wie Kreislaufprobleme, niedrigen Blutdruck, Stress, psychische Belastung, Dehydration, Innenohr-Erkrankungen oder neurologische Störungen verursacht werden.
  • Bei allen Formen von Schwindelgefühlen ist es wichtig, die genaue Ursache herauszufinden.

Allgemeiner Hinweis: In unseren Ratgebern verwenden wir für die bessere Lesbarkeit überwiegend das generische Maskulinum. Gemeint sind damit aber auch Angehörige des weiblichen Geschlechts und anderer Geschlechtsidentitäten.

Autorin Ärztin Dr. Leonie Dolder

Über unsere Autorin:

Dr. Leonie Dolder | Ärztin
Ich bin Ärztin und medizinische Autorin aus Leidenschaft. Es liegt mir am Herzen, den Menschen Gesundheitsthemen näher zu bringen und Medizin verständlich zu erklären, denn ein gut informierter und aufgeklärter Patient kann sich besser um sein größtes Gut - seine Gesundheit - kümmern.
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Lisa Stenschke, Apothekerin bei mycare.de
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