Alle Fakten zu Multipler Sklerose

✓ Medizinisch geprüft - Lesezeit: 4 Minuten

Autorin Dr. Leonie Dolder, Medizinjournalistin
Aktualisiert: 29.07.2022

Frau hält ein MS-Ribbon.

Multiple Sklerose (abgekürzt MS) ist eine entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems, die das Gehirn und das Rückenmark umfasst und meist im frühen Erwachsenenalter beginnt. Bei der Krankheit werden Nervenstrukturen zerstört, was unterschiedlichste Symptome nach sich zieht.

Wichtig:

  • Multiple Sklerose ist nicht ansteckend,
  • nicht zwangsläufig tödlich,
  • kein Muskelschwund und
  • keine psychische Erkrankung.
  • Auch die häufig verbreiteten Vorurteile, dass MS in jedem Fall zu einem Leben im Rollstuhl führt, sind so nicht richtig (1).

Was ist Multiple Sklerose?

Die Multiple Sklerose, kurz MS genannt, ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung. Sie betrifft das zentrale Nervensystem, also das Gehirn und das Rückenmark. Krankheitssymptome entstehen einerseits durch Schädigung der Nervenisolierschicht (sogenannte Demyelinisierung) sowie andererseits durch den Abbau von Nervenfasern und Nervenzellen.

Die Erkrankung verläuft unvorhersehbar und sehr individuell: Während beim schubförmigen Verlauf die Symptome zumindest teilweise wieder verschwinden, geht beim primär und sekundär progredienten Verlauf die Verstärkung der Symptome schleichend voran. MS ist nicht heilbar, der Krankheitsverlauf lässt sich jedoch medikamentös verlangsamen und abschwächen.

In der Regel tritt Multiple Sklerose im frühen Erwachsenenalter auf. Insbesondere bei der nicht schubförmigen MS, nämlich der primär progredienten Form, beginnt die Erkrankung meist erst nach dem 40. Lebensjahr. Frauen sind dabei doppelt so häufig betroffen wie Männer - Mediziner vermuten deshalb unter anderem hormonelle Einflüsse.

Infografik Multiple Sklerose:Ursachen, Symptome, Behandlung

Wie entsteht Multiple Sklerose?

Bis heute ist die Ursache von Multipler Sklerose unbekannt. Man nimmt an, dass es sich um eine Autoimmunerkrankung handelt. Autoimmunerkrankungen sind eine Fehlreaktion des körpereigenen Abwehrsystems. Zusätzlich spielen bestimmte Viren, erbliche Faktoren, Umweltfaktoren und Hormone wahrscheinlich ebenfalls eine Rolle. Der genaue Mechanismus der Krankheit MS ist noch nicht geklärt und sehr komplex.

Zuerst muss man verstehen, was eine Myelinscheide ist: Die Myelinscheide umhüllt die Fortsätze der Nervenzellen. Die Hauptfunktion der Myelinscheide ist es, die Weiterleitungsdauer von Reizen zu verkürzen - ähnlich einer Isolationsschicht bei einem Stromkabel. Körpereigene Abwehrzellen greifen diese Myelinscheiden der Nerven im Gehirn und Rückenmark an - somit entsteht dort eine Entzündung. Dadurch wird eine sogenannte Demyelinisierung ausgelöst: Die Nervenleitgeschwindigkeit wird langsamer, bis die Nervenzellen untergehen.

Welche Symptome löst Multiple Sklerose aus?

In der Regel treten Symptome bei Multipler Sklerose schubweise auf. Das heißt, Phasen guter Gesundheit wechseln sich mit akuten MS-Schüben ab. Jede Multiple Sklerose und jeder Schub verläuft anders.

Patienten klagen über eine starke Müdigkeit und schnelle Erschöpfung. Ein Taubheitsgefühl oder Kribbeln in den Beinen oder Armen sowie auch Gefühlsstörungen sind typisch. Es kann zu Problemen bei der Darmentleerung oder Blasenentleerung kommen. Gewisse Patienten haben Gang- oder Gleichgewichtsstörungen oder Unsicherheiten beim Greifen mit den Händen. Sehstörungen auf einem Auge sind ein weiteres typisches Symptom der Krankheit: Es kann zu Lähmungen und Sehstörungen mit Verschwommen- oder Nebelsehen als Ausdruck einer Entzündung der Sehnerven (sogenannte Optikusneuritis) kommen. Im Verlauf der Krankheit sind die Lähmungserscheinungen häufig mit einem Steifigkeitsgefühl verbunden, dies wird Spastik genannt.

Die Symptome hängen von den betroffenen Nervenfasern ab. Handelt es sich um Nervenfasern, die Sinnesinformationen weitergeben, kommt es zu Empfindungsstörungen. Wenn die Nervenfasern betroffen sind, die Signale an die Muskeln weiterleiten, kommt es hingegen zu Bewegungsstörungen.

Welche Möglichkeiten der Symptomlinderung gibt es bei Multipler Sklerose?

Zur Symptomlinderung bei Spastiken werden sogenannte Antispastika oder Cannabinoid-haltige Medikamente eingesetzt. Bei chronischen Schmerzen und schmerzhaften Sensibilitätsstörungen werden Antidepressiva oder Antiepileptika verschrieben. Gegen die chronische Fatigue können Gingsengpräparate Gingsengpräparate eingesetzt werden. Da MS häufig zu Blasenstörungen führt, können Patienten prophylaktisch D-Mannose nehmen, denn durch die Entleerungsstörung der Blase bleibt unter Umständen Restharn zurück - dies kann zu chronischen Harnwegsinfektionen führen.

 Tipp: Vitamin D3 Tabletten können helfen, Osteoporose vorzubeugen.

Wie sieht der Krankheitsverlauf bei Multipler Sklerose aus?

MS muss nicht zwangsläufig schwer verlaufen: Nur in wenigen Fällen führt die Krankheit innerhalb weniger Jahre zu schwerer Behinderung. Am Anfang überwiegt der schubförmige Verlaufstyp, nach 10 bis 15 Jahren gehen etwa 40 Prozent in einen chronischen progredienten Verlauf über, nach mehr als 20 Jahren sind bis zu 90 Prozent chronisch (2).

Für gewöhnlich geht es den Patienten zwischen den Schüben gut. Viele Betroffene haben nur alle ein bis zwei Jahre einen Schub, andere Patienten öfters. Jeder Schub kann sich auf einen anderen Teil Ihres Körpers auswirken. Die Schübe können wenige Tage bis ein paar Monate andauern.

Welche Behandlungsoptionen gibt es bei Multipler Sklerose?

Bei akuten Schüben wird hochdosiertes Kortison zur Behandlung eingesetzt. Bei Zunahme der Beschwerden wird die Kortisonbehandlung in höherer Dosis wiederholt. Die Verlaufs- oder Langzeittherapie erfolgt mit Medikamenten, welche das Immunsystem beeinflussen und darauf abzielen, Schübe zu reduzieren sowie den Krankheitsverlauf zu mildern. Medikamente der Verlaufstherapie heilen die MS nicht.

Die Verlaufstherapie erfolgt mit sogenannten immunmodulierenden oder immunsupprimierenden Medikamenten, welche den Krankheitsverlauf mildern sollen. Zur Begriffserklärung: Immunmodulierend bedeutet, dass die Medikamente das Immunsystem verändern, während immunsupprimierende Medikamente die Funktionen des Immunsystems unterdrücken.

Folgende Medikamente sind unter anderem zur Therapie der MS entwickelt worden: Beta-Interferone, Glatirameracetat, Dimethylfumarat, Teriflunomid, Peginterfern Beta-1a, Fingolimod, Alemtuzumab, Natalizumab und Mitoxantron. Ihre Wirkungsweise ist nicht in allen Details bekannt (3).

Die Symptome können ferner auch nicht-medikamentös therapiert werden, zum Beispiel mit Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Psychotherapie oder neuropsychologische Therapie.

Wie kann ich im Alltag mit Multipler Sklerose leben?

Das Leben mit MS fordert Betroffene und Angehörige stark und betrifft Familie, Partnerschaft, Ernährung, Psyche und das Berufsleben. Gespräche mit Gleichgesinnten und Betroffenen können bei der Verarbeitung einer Neudiagnose helfen, es existieren Selbsthilfegruppen zum Austausch. Dass weder die genaue Ursache der Krankheit bekannt ist, noch der Verlauf genau vorausgesagt werden kann, schafft Unsicherheiten - diese belastet Betroffene sowie Angehörige.

Ziel der modernen MS-Behandlung ist, dass keine neuen MS-Schübe auftreten und dass kein Fortschreiten bestehender Behinderungen erfolgt. Bei der Therapiewahl stehen die individuellen Wünsche und Bedürfnisse des jeweiligen Patienten im Fokus.

Oben genannte Therapien - medikamentös und auch nicht-medikamenös - lassen viele Betroffene ein normales Leben führen. Die Verlaufsform der MS und der Zeitpunkt des Therapiebeginns spielen bei der Lebensqualität mit MS eine wichtige Rolle.

Referenzen:
(1) https://www.dmsg.de/multiple-sklerose/was-ist-ms (abgerufen 15.06.2022).
(2) Rudolf Manfred Schmidt, Frank Hoffmann et al. Multiple Sklerose, 2015.
(3) https://www.multiplesklerose.ch/de/ueber-ms/behandlung/verlaufstherapie/ (abgerufen 15.06.2022).

Allgemeiner Hinweis: In unseren Ratgebern verwenden wir für die bessere Lesbarkeit überwiegend das generische Maskulinum. Gemeint sind damit aber auch Angehörige des weiblichen Geschlechts und anderer Geschlechtsidentitäten.

Autorin Ärztin Dr. Leonie Dolder

Über unsere Autorin:

Dr. Leonie Dolder | Ärztin
Ich bin Ärztin und medizinische Autorin aus Leidenschaft. Es liegt mir am Herzen, den Menschen Gesundheitsthemen näher zu bringen und Medizin verständlich zu erklären, denn ein gut informierter und aufgeklärter Patient kann sich besser um sein größtes Gut - seine Gesundheit - kümmern.
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Lisa Stenschke, Apothekerin bei mycare.de
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