Achalasie: Ursachen, Symptome und Behandlung
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Von Dr. Leonie Dolder, Medizinjournalistin
Aktualisiert: 30.12.2024
Achalasie ist eine seltene Erkrankung, bei der die Nerven in der Speiseröhre geschädigt sind, was den unteren Speiseröhrenschließmuskel lähmt und das Schlucken erschwert. Die Symptome umfassen Schluckbeschwerden, Brustschmerzen, Regurgitation (Zurückfließen von Nahrung) und Gewichtsverlust. Die genaue Ursache ist unbekannt, aber es wird vermutet, dass genetische oder autoimmunbedingte Faktoren eine Rolle spielen. Zur Diagnose werden Methoden wie Ösophagus-Manometrie und Röntgenaufnahmen eingesetzt, um die Funktionsstörung der Speiseröhre zu erkennen. Behandlungsoptionen umfassen medikamentöse Therapie, pneumatische Dilatation, Botox-Injektionen sowie chirurgische Eingriffe wie die Heller-Myotomie oder die Perorale Endoskopische Myotomie (POEM).
Was ist Achalasie?
Achalasie ist eine Erkrankung der Speiseröhre, bei der die Muskulatur des unteren Speiseröhrenschließmuskels nicht richtig funktioniert. Normalerweise entspannt sich dieser Schließmuskel beim Schlucken, damit Nahrung vom Mund in den Magen gelangen kann. Bei Achalasie hingegen bleibt der Schließmuskel angespannt, was dazu führt, dass die Nahrung in der Speiseröhre stecken bleibt und nur schwer oder gar nicht in den Magen gelangt. Die Achalasie ist also eine Funktionsstörung der Speiseröhre: Die motorische Funktion ist gestört und der Schliessmuskel zum Magen öffnet sich nicht ausreichend. Gleichzeitig ist die Peristaltik der Speiseröhre behindert. Schluckstörungen sind das Hauptsymptom.
Wie funktioniert die Speiseröhre normal?
Die Speiseröhre ist ein muskulöser Schlauch, der Nahrung vom Rachen in den Magen transportiert. Wenn wir schlucken, bewegt sich die Nahrung mithilfe von peristaltischen Wellen (Muskelkontraktionen) durch die Speiseröhre. Der untere Ösophagussphinkter entspannt sich, um die Nahrung in den Magen gelangen zu lassen.
Was passiert bei Achalasie?
Bei Achalasie kommt es zu einer Fehlfunktion der Nerven in der Speiseröhrenwand. Dies führt dazu, dass der untere Ösophagussphinkter nicht richtig öffnet, was die Nahrung im unteren Teil der Speiseröhre staut. Dadurch können Symptome wie Schluckbeschwerden, Rückfluss von unverdauter Nahrung und Brustschmerzen auftreten.
Welche Ursachen und Auslöser gibt es?
Die genaue Ursache der Achalasie ist nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch verschiedene Faktoren, die zu dieser Störung beitragen könnten. In der Medizin wird zwischen primärer und sekundärer Achalasie unterschieden:
- Die Ursache der primären Achalasie ist noch nicht ganz klar. Man vermutet, dass eine Autoimmunreaktion nach einer Infektion mit dem Herpes-simplex-Virus 1 und genetische Faktoren eine Rolle spielen könnten. Auch das Mumpsvirus und das Varizella-Zoster-Virus werden als mögliche Einflussfaktoren diskutiert, aber bisher gibt es keinen klaren Beweis.
- Daneben gibt es die sekundäre Achalasie, bei der andere Krankheiten an der Fehlfunktion der Speiseröhre schuld sind. Dazu gehören unter anderem Speiseröhrenkrebs und Magenkrebs, wenn der Tumor den Übergang zwischen Speiseröhre und Magen verengt.
Welche Symptome können auftreten?
Achalasie entwickelt sich in der Regel langsam, und die Symptome können mit der Zeit zunehmend schlimmer werden. Betroffene bemerken oft erst nach mehreren Monaten oder Jahren, dass etwas nicht stimmt. Die häufigsten Symptome sind:
- Schluckbeschwerden: Schwierigkeiten beim Schlucken von festen und flüssigen Nahrungsmitteln.
- Wiederhochkommen: Unverdautes Essen und Flüssigkeit kommen wieder hoch.
- Brustschmerzen: Schmerzen in der Brust, die manchmal in den Hals, die Arme, den Kiefer und den Rücken ausstrahlen. Diese können durch Muskelkrämpfe in der Speiseröhre entstehen.
- Gewichtsverlust: Weniger essen führt zu Gewichtsverlust.
- Mundgeruch
- Manchmal berichten Patienten auch von Sodbrennen, Husten in der Nacht, Atembeschwerden oder dem Gefühl, dass etwas im Hals steckt.
- Völlegefühl und Aufstoßen
- Husten und nächtliches Aufwachen
Wie wird Achalasie festgestellt?
Die Diagnose von Achalasie erfordert eine gründliche Untersuchung, da die Symptome oft mit anderen Erkrankungen der Speiseröhre, wie z.B. der Refluxkrankheit, verwechselt werden können.
Die Druckmessung (Manometrie) ist eine hochauflösende Funktionsdiagnostik der Gastroenterologie. Sie ist die wichtigste Untersuchung in der Diagnose einer Achalasie. Dabei bestimmen wir die Druckverhältnisse in der Speiseröhre. Die Werte liefern Hinweise darauf, wie es um die Muskeltätigkeit der Speiseröhre steht. Die Manometrie zeigt auch, ob der untere Speiseröhrenmuskel beim Schlucken angespannt bleibt und sich nicht vollständig öffnet.
Bei der Gastroskopie kommt ein Endoskop zum Einsatz, ein dünner Schlauch mit einer Lichtquelle und Kamera-Chip. Entzündungen und andere Veränderungen an der Schleimhaut der Speiseröhre sind so erkennbar. Zudem liefert die Gastroskopie Hinweise auf Verengungen.
Ferner wird mittels EndoFLIP untersucht: Die ist eine hochspezialisierte Untersuchung, die durch Spezialisten aus der Funktionsdiagnostik während der Spiegelung von Speiseröhre und Magen durchgeführt wird. Sie erlaubt zusätzliche Information zur Dehnbarkeit des Übergangs von der Speiseröhre in den Magen und Restfunktion der Speiseröhre.
Können Komplikationen auftreten?
Patient fortgeschrittener Achalasie, die unter chronischem Wiederhochkommen und Aspiration leiden, haben ein höheres Risiko für Bronchitis, Lungenentzündung oder Lungenabszesse. Wenn Achalasie nicht ausreichend behandelt wird, kann sich die Speiseröhre aufgrund von Nahrungstaus ausdehnen, was zu einer Entzündung der Speiseröhre (Ösophagitis) führen kann. Eine langanhaltende Ösophagitis kann das Risiko für ein Plattenepithelkarzinom der Speiseröhre erhöhen.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Die Achalasie lässt sich gut behandeln. Mit den richtigen Therapien können die Symptome gelindert werden. Eine Behandlung, die direkt an der Ursache ansetzt - nämlich dem Ausfall der Nervenfunktion - gibt es jedoch nicht. Somit ist die Achalasie nicht heilbar. Die Behandlungen zielen darauf ab, den Widerstand im Schliessmuskel der Speiseröhre zu vermindern.
Bei der pneumatischen Dilatation wird ein Ballon in den unteren Ösophagussphinkter eingeführt und aufgeblasen, um ihn zu weiten. Ferner kann Botox endoskopisch in den Schließmuskel gespritzt werden. Ein weiterer, minimalinvasiver Eingriff ist die sogenannte Heller-Myotomie. Hier werden Muskelfasern des Schließmuskels durchtrennt. Über dies kann die perorale endoskopische Myotomie (POEM) angewendet. Dies ist eine moderne, minimalinvasive Technik zur Durchtrennung des Schließmuskels durch den Mund mit ähnlicher Wirksamkeit wie die Heller-Myotomie.
Ist Achalasie heilbar?
Die Achalasie ist zwar nicht heilbar, doch es gibt wirksame Therapien, insbesondere endoskopische Verfahren wie eine Dilatation oder eine Operation. Alle Behandlungen zielen darauf ab, den unteren Speiseröhrenmuskel zu öffnen und so eine bessere Passage der Nahrung zu gewährleisten.
Was ist der Unterschied zwischen Achalasie und Sodbrennen?
Achalasie ist eine Störung, bei der der untere Speiseröhrenschließmuskel sich nicht richtig öffnet, wodurch Nahrung in der Speiseröhre stecken bleibt. Typische Symptome sind Schluckbeschwerden und Regurgitation (Zurückfließen unverdauter Nahrung).
Sodbrennen (Refluxkrankheit) entsteht dagegen durch Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre, was zu einem brennenden Schmerz hinter dem Brustbein führt. Hier ist der Schließmuskel zu schwach, was den Säurereflux verursacht.
Achalasie blockiert also die Nahrungsweiterleitung, während Sodbrennen durch Säurereflux verursacht wird.
Kann Achalasie durch Stress verursacht werden?
Nein, Achalasie wird nicht direkt durch Stress verursacht. Die Erkrankung entsteht durch eine Schädigung der Nerven in der Speiseröhre, wodurch der untere Speiseröhrenschließmuskel nicht richtig entspannt. Die genauen Ursachen sind nicht vollständig geklärt, aber genetische Faktoren, Autoimmunreaktionen oder Infektionen könnten eine Rolle spielen. Allerdings kann Stress die Symptome verschlimmern, da er die Verdauung beeinträchtigen und die Wahrnehmung von Beschwerden wie Schluckstörungen oder Brustschmerzen verstärken kann. Stressmanagement kann daher helfen, die Symptomkontrolle zu verbessern, heilt jedoch die Achalasie selbst nicht.
Tipps für das Leben mit Achalasie
- Kleine, langsame Mahlzeiten: Essen Sie in kleinen Bissen und nehmen Sie sich Zeit zum Schlucken.
- Weiche Lebensmittel: Bevorzugen Sie weiche oder pürierte Nahrungsmittel, die leichter zu schlucken sind.
- Vermeidung von Alkohol und Koffein: Diese können die Symptome verschlimmern.
- Hochlagern beim Schlafen: Schlafen Sie mit erhöhtem Oberkörper, um Regurgitation zu vermeiden.
- Stressmanagement: Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation können helfen, Symptome zu lindern.
Ernährung und Schlucktipps
Um das Schlucken zu erleichtern, sollten Sie weiche, gut kaubare oder pürierte Lebensmittel wählen. Nehmen Sie kleine Bissen und kauen Sie gründlich, um die Speisen leichter in den Magen zu befördern. Es ist wichtig, während der Mahlzeiten ausreichend Wasser zu trinken, damit die Nahrung besser gleitet. Harte und trockene Lebensmittel wie Brot oder große Fleischstücke sollten vermieden werden, da sie schwer zu schlucken sind. Zudem sind extreme Temperaturen zu vermeiden, da heiße oder sehr kalte Speisen die Speiseröhre zusätzlich reizen können.
Umgang mit Beschwerden wie Schmerzen und Sodbrennen
- Schmerzlindernde Positionen: Versuchen Sie, sich nach den Mahlzeiten aufrecht hinzusetzen oder leicht nach vorne zu beugen, um den Druck auf die Speiseröhre zu verringern.
- Vermeidung von Reizstoffen: Reduzieren Sie den Konsum von scharfen, fettigen oder sauren Lebensmitteln, die Sodbrennen auslösen können.
- Kleine Mahlzeiten: Essen Sie mehrere kleine Mahlzeiten am Tag, anstatt große Mahlzeiten, um den Druck auf die Speiseröhre zu minimieren.
- Medikamentöse Behandlung: Bei häufigem Sodbrennen können Antazida oder Protonenpumpenhemmer (PPIs) helfen, die Magensäure zu neutralisieren.
Unterstützung und Selbsthilfegruppe
Selbsthilfegruppen können für Menschen mit Achalasie eine wichtige Unterstützung bieten. Der Austausch mit anderen Betroffenen hilft emotional und bietet praktische Tipps für den Umgang mit der Krankheit. In vielen Ländern gibt es sowohl online als auch vor Ort Gruppen für Betroffene. Zudem kann psychologische Unterstützung eine wertvolle Hilfe sein, um mit den emotionalen Herausforderungen einer chronischen Erkrankung, wie Stress, Angst oder Frustration, besser umzugehen. Es ist auch wichtig, regelmäßig ärztliche Beratung in Anspruch zu nehmen.
Alle Fakten zu Achalasie zusammengefasst:
- Achalasie ist eine Erkrankung, bei der der untere Speiseröhrenschließmuskel sich nicht richtig öffnet, was das Schlucken erschwert und Nahrung in der Speiseröhre staut.
- Zu den Hauptsymptomen gehören Schluckbeschwerden, Brustschmerzen, Regurgitation (Zurückfließen von Nahrung), Gewichtsverlust und Völlegefühl.
- Die Diagnose erfolgt durch Ösophagus-Manometrie, Röntgenaufnahmen oder Endoskopie, um die Funktion der Speiseröhre und den Schließmuskel zu überprüfen.
- Behandlungsoptionen umfassen medikamentöse Therapie, pneumatische Dilatation, Botox-Injektionen, chirurgische Eingriffe wie die Heller-Myotomie und die moderne POEM-Methode.
Allgemeiner Hinweis: In unseren Ratgebern verwenden wir für die bessere Lesbarkeit überwiegend das generische Maskulinum. Gemeint sind damit aber auch Angehörige des weiblichen Geschlechts und anderer Geschlechtsidentitäten.
Über unsere Autorin:
Dr. Leonie Dolder | Ärztin
Ich bin Ärztin und medizinische Autorin aus Leidenschaft. Es liegt mir am Herzen, den Menschen Gesundheitsthemen näher zu bringen und Medizin verständlich zu erklären, denn ein gut informierter und aufgeklärter Patient kann sich besser um sein größtes Gut - seine Gesundheit - kümmern.
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