Analyse der Herstellungsorte von Arzneimitteln: Deutschland bleibt wichtiger Produktionsstandort

Aktualisiert am 12.09.2024

Eine zuverlässige Medikamentenversorgung ist für unsere Gesundheit von entscheidender Bedeutung. Doch was passiert, wenn plötzlich wichtige Arzneimittel nicht mehr verfügbar sind? Die andauernde Diskussion über Medikamentenknappheit in Deutschland verdeutlicht, wie empfindlich unser Gesundheitssystem auf Lieferengpässe reagieren kann. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage: Wo werden eigentlich die Medikamente produziert, die hierzulande am häufigsten verschrieben werden?

Bei mycare.de haben wir uns genau mit dieser Frage beschäftigt und eine umfassende Analyse durchgeführt. Dazu haben wir die 50 meistverschriebenen Medikamente in Deutschland untersucht und ihre Produktionsstandorte im In- und Ausland ermittelt. Unser Ziel war es, ein besseres Verständnis dafür zu bekommen, woher unsere Arzneimittel kommen und welche Länder besonders stark in der Medikamentenproduktion vertreten sind.

Starke Präsenz deutscher Produktionsstandorte

Von den 50 meistverordneten Arzneimitteln in Deutschland werden 22 entweder vollständig oder teilweise hier im Land produziert – das sind 44 Prozent der untersuchten Medikamente. Besonders hervorzuheben ist, dass 15 dieser Medikamente ausschließlich in deutschen Produktionsstätten hergestellt werden.

Innerhalb Deutschlands ist Sachsen-Anhalt mit sechs Medikamenten der Spitzenreiter des Rankings, wobei allein vier dieser Produktionsstätten in der Gemeinde Barleben angesiedelt sind. Hier werden unter anderem Ibuflam/-Lysin und Torasemid von der 1 A Pharma GmbH hergestellt. Ibuflam/-Lysin wird gegen leichte bis mittelstarke Schmerzen, etwa Kopf- oder Rückenschmerzen, und Torasemid zur Behandlung von Flüssigkeitsansammlungen (Ödemen) und Hypertonie eingesetzt. Ebenfalls in Barleben ansässig ist die Produktion von MetoHEXAL/MetoHEXAL succ sowie L-Thyrox HEXAL, beide unter dem Dach der Hexal AG. MetoHEXAL/MetoHEXAL succ, das den Wirkstoff Metoprolol aus der Gruppe der Beta-Rezeptorenblocker enthält, wird zur Senkung des Blutdrucks, zur Normalisierung des Herzrhythmus und zur Entlastung des Herzens eingesetzt. L-Thyrox HEXAL, das den Wirkstoff Levothyroxin enthält, wird zur Behandlung von Schilddrüsenunterfunktion sowie zur Unterdrückung von Schilddrüsenkrebs eingesetzt und unterstützt dabei die Regulierung des Stoffwechsels und der Hormonproduktion. Ein weiteres bedeutendes Medikament aus Sachsen-Anhalt ist Dekristol, das von der mibe GmbH Arzneimittel in Brehna hergestellt wird. Dekristol wird beispielsweise bei erkennbarem Risiko einer Vitamin-D-Mangelerkrankung angewendet.

Hessen folgt dicht dahinter mit fünf Produktionsstätten, darunter drei in Frankfurt am Main. Zwei dieser Produktionsstätten gehören der Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, wo die Medikamente L-Thyroxin Henning und Thyronajo hergestellt werden, die beide zur Behandlung von Schilddrüsenunterfunktion und zur Regulierung des Schilddrüsenhormonhaushalts eingesetzt werden. Der Hersteller betreibt parallel noch einen weiteren Produktionsstandort in Barcelona (Spanien). Ebenfalls einen Produktionsstandort in Frankfurt hat die Zentiva Pharma GmbH. Das Unternehmen stellt Candesartan Zentiva her, das zur Behandlung von Bluthochdruck und Herzinsuffizienz eingesetzt wird. Die Zentiva Pharma GmbH verfügt außerdem über weitere Standorte in Birzebbugia (Malta), Origgio (Italien) und Prag (Tschechien). Besonders hervorzuheben ist noch das hessische Bad Vilbel, wo ALIUD PHARMA GmbH die Medikamente Torasemid AL und Enalapril AL produziert, die zur Behandlung von Bluthochdruck und Ödemen eingesetzt werden. Ein weiterer Produktionsstandort in Hessen befindet sich in Darmstadt, wo die Merck Healthcare Germany GmbH das Medikament Euthyrox herstellt. Zudem verfügt der Hersteller über eine weitere Produktionsstätte in Madrid (Spanien).

In Baden-Württemberg konzentrieren sich die Produktionsstandorte für Arzneimittel in der Stadt Blaubeuren. Hier stellt die AbZ-Pharma GmbH sowohl das Medikament Ramipril AbZ, das zur Behandlung von Bluthochdruck und Herzinsuffizienz eingesetzt wird, als auch Amlodipin besilat AbZ, das zur Behandlung von Bluthochdruck und Angina pectoris dient, her. Die ratiopharm GmbH produziert in Blaubeuren unter anderem das Medikament Atorvastatin-ratiopharm, das zur Senkung erhöhter Cholesterinwerte und zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt wird.

Berlin ist ein weiterer wichtiger Standort – in der Hauptstadt werden drei der untersuchten Medikamente hergestellt. In Berlin produziert die Aristo Pharma GmbH sowohl Panto/Pantoprazol Aristo, ein Medikament gegen Magenbeschwerden, als auch Simva Aristo, das zur Senkung erhöhter Cholesterinwerte verwendet wird. Ein weiteres bedeutendes Medikament, Allopurinol Indoco, das zur Behandlung von Gicht eingesetzt wird, wird von der Indoco Remedies Czech s.r.o. in der Hauptstadt hergestellt.

In Bayern werden in Alzenau und Nürnberg ebenfalls häufig verschriebene Medikamente produziert. Amlodipin Dexcel, das bei Bluthochdruck und Angina Pectoris Anwendung findet, wird von der Dexcel Pharma GmbH in Alzenau hergestellt. In Nürnberg produziert HEUMANN PHARMA GmbH & Co. Generica KG sowohl Candesartan Heumann, ein Medikament gegen Bluthochdruck, als auch Pantoprazol Heumann, das zur Behandlung von Magen-Darm-Erkrankungen eingesetzt wird.

In Rheinland-Pfalz, genauer gesagt in Ingelheim am Rhein, produziert die Boehringer Ingelheim International GmbH das Medikament Jardiance, das zur Behandlung von Typ-2-Diabetes verwendet wird. Und in Nordrhein-Westfalen befinden sich die Produktionsstätten der Bayer AG für das Medikament Xarelto, konkret in Leverkusen und Bitterfeld-Wolfen. Neben diesen beiden Standorten betreibt die Bayer AG auch eine Produktionsstätte in Garbagnate Milanese (Italien).

Diese Karte zeigt die Verteilung der Produktionsstandorte in Deutschland:

Die Bedeutung internationaler Produktionsstandorte für die Arzneimittelversorgung

In der globalen Arzneimittelversorgung spielen internationale Produktionsstandorte eine wesentliche Rolle, insbesondere auch für die am häufigsten verordneten Medikamente in Deutschland. Die Herstellung solcher Medikamente erfolgt oft über Ländergrenzen hinweg. So werden in Rumänien acht Medikamente produziert, während Polen und Spanien jeweils sieben Arzneimittel beisteuern. Im Folgenden werden die spezifischen Beiträge dieser internationalen Standorte zur Arzneimittelversorgung detaillierter dargestellt.

In Rumänien werden insgesamt acht der 50 meistverschriebenen Medikamente in Deutschland hergestellt, insbesondere durch die Produktionsstätten der Winthrop Arzneimittel GmbH und der Basics GmbH. Die Winthrop Arzneimittel GmbH produziert an ihrem Standort in Bukarest vier Medikamente: RamiLich, RamiLich Pomp und Biso Lich, zur Behandlung von Bluthochdruck und Herzinsuffizienz sowie Metformin Lich, zur Behandlung von Typ-2-Diabetes. Die Basics GmbH, mit einem Produktionsstandort in Cluj-Napoca, stellt drei weitere Arzneimittel in Rumänien her: Silva BASICS, zur Unterstützung der Behandlung von Bluthochdruck und Angina pectoris; Pantoprazol BASICS, ein Protonenpumpenhemmer zur Behandlung von Refluxkrankheit und Magengeschwüren; und Atorvastatin BASICS, zur Senkung des Cholesterinspiegels. Zudem produziert die Zentiva Pharma GmbH in Bukarest das Medikament Tamsulosin, das zur Behandlung von Symptomen einer vergrößerten Prostata eingesetzt wird. Insgesamt werden drei dieser Medikamente – Metformin Lich, Biso Lich und Tamsulosin Zentiva – ausschließlich in Rumänien hergestellt, während die anderen fünf an mindestens einem weiteren Standort im europäischen Ausland produziert werden.

In der Stadt Stryków in Polen, stellt die 1 A Pharma GmbH Ramipril-1 A Pharma, Pantoprazol-1 A Pharma, Bisoprolol-1 A Pharma, und Amlodipin-1 A Pharma her. Ramipril-1 A Pharma wird zur Behandlung von Bluthochdruck und Herzinsuffizienz verwendet und dient auch der Vorbeugung kardiovaskulärer Ereignisse. Pantoprazol-1 A Pharma wird zur Behandlung von Refluxkrankheit, Magengeschwüren und übermäßiger Magensäureproduktion eingesetzt. Bisoprolol-1 A Pharma hilft bei Bluthochdruck und chronischer Herzinsuffizienz sowie bestimmten Herzrhythmusstörungen. Amlodipin-1 A Pharma wird zur Behandlung von Bluthochdruck und Angina pectoris verwendet, indem es die Blutgefäße erweitert. Die Hexal AG produziert in Stryków Amlodipin HEXAL, BisoHEXAL und Ramipril HEXAL, die ebenfalls zur Kontrolle von Bluthochdruck und Herzkrankheiten beitragen. Hervorzuheben ist hier, dass diese sieben Medikamente ausschließlich in Polen produziert werden, und zwar allesamt in der Stadt Stryków.

In Spanien betreibt der Hersteller Medical Valley Invest AB einen Produktionsstandort in Azuqueca de Henares, wo insgesamt drei Medikamente hergestellt werden: Atorvastatin Axiromed, Candaxiro und Rosuvastatin Axiromed. Diese Medikamente sind entscheidend für die Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und die Verbesserung der kardiovaskulären Gesundheit. Des Weiteren produziert die Sanofi-Aventis Deutschland GmbH in Barcelona die Medikamente L-Thyroxin Henning und Thyronajod. Diese Medikamente werden zur Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen eingesetzt. Der Standort in Barcelona ergänzt die Produktion am Hauptstandort in Frankfurt am Main. Zusätzlich produziert die ratiopharm GmbH das Medikament Atorvastatin-ratiopharm, welches zur Senkung erhöhter Cholesterinwerte und zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt wird, in einer weiteren Produktionsstätte in Madrid neben ihrem Standort in Blaubeuren. Auch die Merck Healthcare Germany GmbH hat neben ihrem Standort in Darmstadt, Deutschland, eine Produktionsstätte in Madrid. Hier wird Euthyrox hergestellt, ein Medikament zur Behandlung von Schilddrüsenunterfunktion, das den natürlichen Hormonspiegel im Körper ausgleicht.

Schließlich werden in Italien insgesamt fünf Medikamente produziert. Danach folgen Tschechien, Slowenien, Niederlande, Ungarn und Malta mit jeweils drei Medikamentenproduktionen. Vereinzelt finden sich auch Standorte in Österreich, Frankreich und Irland.

In der nachfolgenden Tabelle finden Sie einen Überblick über alle Medikamente: